»Super, dann lass’ ich so laufen...«

Untersuchungsbericht zum Friesenbrücken-Unfall enthält Protokoll des Seefunkverkehrs


Auf genau 100 Seiten legt die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) dar, wie es zur Schiffskollision mit der Friesenbrücke kommen konnte und welche Schlüsse daraus zu ziehen sind. © Foto: Szyska
Auf genau 100 Seiten legt die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) dar, wie es zur Schiffskollision mit der Friesenbrücke kommen konnte und welche Schlüsse daraus zu ziehen sind. © Foto: Szyska

Auf UKW-Kanal 15 herrschte kurz vor der folgenschweren Schiffskollision mit der Friesenbrücke noch eine lockere Stimmung. Brückenwärter und Schiffsführer waren zu Scherzen aufgelegt. Das änderte sich wegen der dreiminütigen Verspätung eines Zuges. Der Untersuchungsbericht der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) führt verschiedene Empfehlungen für Sicherheitsmaßnahmen auf, durch die eine Schiffskollision wie am 3. Dezember 2015 in Weener verhindert werden könnte. Enthalten ist auch ein Auswertungsprotokoll zum Mitschnitt des Seefunkverkehrs, durch das sich die Kommunikation zwischen dem Brückenwärter (»Weener Bridge«), drei Schiffsführern und der Verkehrszentrale (»Ems Traffic«) detailliert nachvollziehen lässt.Die Aufzeichnungen beginnen um 18.06 Uhr, die Gespräche werden in vertrauter Stimmung geführt. So scherzt der Brückenwärter im Funkverkehr mit dem Binnenmotorschiff »Storm«, das sich hinter dem Unglücksfrachter »Emsmoon« befindet: »Hallo, ist Holland wieder in Not?« Die Antwort: »Jojo, ich steck’ hinter der ‚Emsmoon’«. Darauf der Brückenwärter: »Nee, schieb’ mal nen bisschen an - hast ja nen bisschen Power drin.« Um 18.11 Uhr fragt die »Emsmoon«, wann der zwischen Groningen und Leer verkehrende Zug zu erwarten sei: »Dreiundzwanzig war der nächste Zug, ne?!« Der Brückenwärter bestätigt die Zeitangabe und gibt zu verstehen: »Jo, kommt man eben ran. Wir sehen das gleich.« Den nächsten Funkspruch der »Emsmoon« gibt es um 18.15 Uhr: »Bin jetzt bei der Hochspannung. Soll ich so laufen lassen? Wir kommen ziemlich flott ran. Oder soll ich absläcken?« Der Brückenwärter antwortet: »Ja, ich habe den Zug. Der fährt drei Minuten später. Der geht so Fünfundzwanzig, Sechsundzwanzig durch. Dann könnt ihr durch, ne.« Darauf die »Emsmoon«: »Super, dann lass’ ich so laufen, ne. Prima.« Um 18.18 Uhr meldet sich wieder die »Storm« zu Wort. Das Binnenmotorschiff befindet sich demnach etwa 500 Meter hinter der »Emsmoon« und will nach der Öffnung der Brückenklappe mit hindurch fahren. Um 18.21 Uhr fordert der Brückenwärter plötzlich: »Emsmoon, ihr müsst abstoppen. Der Zug ist noch nicht da. Jo, ihr müsst abstoppen, die Brücke ist zu. Emsmoon! Abstoppen!« Die Reaktion vom Schiff: »Ja Mensch, ich hab’ gedacht, die Brücke ist auf. Oh man. Das schaffen wir nicht mehr. Das gibt jetzt ne Havarie.« Der Brückenwärter entgegnet: »Ich hab’ gesagt, der Zug hat Verspätung. Der kommt Fünfundzwanzig.« Emsmoon: »Mensch, ich hab’ doch gesagt, ich lass’ laufen.« Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Frachter noch etwa eineinhalb Schiffslängen von der Brückendurchfahrt entfernt. Durch das sofortige Rückwärts-Manöver ließ sich die Geschwindigkeit von zirka acht Knoten aber nicht mehr merklich reduzieren, heißt es im Untersuchungsbericht. »Etwa um 18.23 Uhr erfolgte die Kollision mit der geschlossenen Klappbrücke.«

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