Tankstellenüberfall: 18-jähriger Weeneraner vor Gericht
Heranwachsender wollte mit Komplizen Geld erbeuten
Zwei junge Angeklagte, 15 und 18 Jahre alt, haben zum Prozessauftakt vor der Großen Jugendkammer des Landgerichts Aurich einen Überfall auf eine Tankstelle in Aurich gestanden. Obwohl der Überfall nur eine knappe Minute dauerte, war er für die Zeugen eine sehr angsteinflößende Situation, denn beide jungen Männer waren mit einem Messer bewaffnet.
Auch wenn sich dieser Fall auf den ersten Blick kaum von anderen vergleichbaren Taten unterscheidet, weist er doch viele bizarre, ja geradezu „schräge“ Züge auf, die aber eher tragischen als komischen Charakter haben.
So haben sich die beiden Angeklagten erst wenige Stunden vor dem Überfall am 12. August vor einem Supermarkt kennengelernt. Sie kamen ins Gespräch und stellten die Gemeinsamkeit fest, dass sie Geld benötigten. Der 15-Jährige brauchte Nachschub an Marihuana, dem aus Weener stammenden Heranwachsenden ging es um Essen und Getränke. Denn er hatte sich immer wieder mit seinen Eltern – mit dem Vater sogar handgreiflich – angelegt. Als auch alle Unterstützung durch das Jugendamt nicht fruchteten, sahen die Eltern keinen anderen Weg mehr, als ihn aus der elterlichen Wohnung zu verbannen. Zur Tatzeit war der 18-Jährige obdachlos.
Der Heranwachsende äußerte in dem Gespräch vor dem Supermarkt die Idee, irgendwo einzubrechen. Der Jüngere, aber im Begehen von Straftaten Erfahrenere, hielt nicht viel von dem Vorschlag. Das würde nichts bringen, meinte er.
Schließlich kam der Gedanke mit dem Überfall. Seltsamerweise bezichtigten sich später gegenüber der Polizei beide, der jeweilige Initiator für den Überfall gewesen zu sein. Vor Gericht äußerte der 18-Jährige - sogar zur Verblüffung seines Verteidigers - erstmals, dass er kurz vor der Tat von dem Vorhaben abspringen wollte, doch der 15-Jährige damit gedroht habe, ihn abzustechen.
Zuerst ging man zur Wohnung des Jugendlichen, die genau gegenüber der Tankstelle lag. Der 15-Jährige konsumierte Marihuana, holte seine Räubermaske und zwei Messer. Dann ging es rüber zur Tankstelle. Dort wartete man ab, bis alle Autos vom Gelände gefahren waren und stürmte dann in den Shop. Die Kassiererin wurde aufgefordert die Kasse zu öffnen. Die 28-Jährige behauptete, das ginge technisch nicht. Sie wurde ebenso wie zwei weitere anwesende Frauen aufgefordert, sich auf den Boden zu legen. Der 18-Jährige verlangte von einer der Frauen Geld, gab ihr das Portemonnaie aber zurück, als sie sagte, dass kein Bargeld drin sei.
Letzten Endes begnügten sich die Räuber mit zwei E-Zigaretten, ein paar Schachteln Zigaretten und einigen Mini-Salamis. Dann flüchteten sie. Auf einem Friedhof wechselte der 15-Jährige seine Kleidung. Der 18-Jährige hingegen, fasste einen anderen Entschluss. „Nach der Tat gehen Sie zur Polizei und sagen, dass Sie das gewesen sind. Warum haben Sie das gemacht?“, wollte Richter Bastian Witte wissen. „Weil ich keinen anderen Ausweg mehr gesehen habe. Ich brauchte Geld zum Essen und Trinken. Geschlafen habe ich zu der Zeit in Aurich bei einem Freund.“
Die beiden Angeklagten verbindet mehr, als der Überfall, der juristisch als besonders schwerer Raub gewertet wird. Beide haben offenbar schon früh Verhaltens- bzw. psychische Auffälligkeiten gezeigt, die auch durch Maßnahmen des Jugendamtes nicht abnahmen. Der 15-Jährige hat nie ein richtiges Familienleben kennengelernt und versucht, Probleme mit Drogen und Gewalt zu lösen. Der 18-Jährige hat in der Vergangenheit schon einige Monate in der Kinder- und Jugendpsychiatrie verbracht. Vor dem psychiatrischen Sachverständigen liegt noch viel Arbeit, um eine erhellende psychiatrische Diagnose zu stellen.
Der Prozess wird fortgesetzt.

