Rolle als »ganz normaler Bürger«
Eugen Nazarenus will Verwaltungschef in Weener werden - Parteilos und populistisch
Weener |
21. August 2021 |
hsz
Eugen Nazarenus traut sich etwas - und er traut sich etwas zu: Der 37-jährige Werkzeugmechaniker tritt als parteiloser Kandidat bei der Bürgermeisterwahl in Weener an, um Nachfolger von Ludwig Sonnenberg und somit der neue Chef der Stadtverwaltung zu werden. Dabei sieht er es nicht als Hinderungsgrund, dass er weder über Erfahrung in der Ratspolitik noch in der Verwaltung verfügt. Vielmehr wittert Nazarenus genau deshalb seine Chance: »Ich bin ein ganz normaler Bürger. Das schätzen auch viele.«
Dass er auf erste Gehversuche im Stadtrat verzichtet, führt er auf Schilderungen des ehemaligen UWG-Ratsherrn Andreas Karafotias zurück. Der sei »darin untergegangen«, so Nazarenus. »Dann habe ich mir gesagt: Bevor ich mich auf einen solchen Stuhl setze, da haue ich mal einen raus. Zu verlieren habe ich nichts. Bürgermeister werden kann jeder. Ich brauche keine große Voraussetzung.« Zwar müsse er sich wegen der fehlenden Vorkenntnisse »sehr intensiv in viele Dinge einarbeiten«, aber er sei »recht lernfähig«. Außerdem seien »Bürgermeister auch nur Menschen und keine Zauberer, also werde ich das wohl auch packen«. Er könne auch seine technischen Erfahrungen einbringen - zum Beispiel beim Bau einer neuen Holzbrücke über das Sieltief an der Hammenstiege.
Und wie will er für Ratsbeschlüsse die erforderlichen Mehrheiten erreichen? Durch sein Naturell, wie Nazarenus entgegnet: »Ich verbiege mich nicht. Ich werde nicht untergehen in diesem Haufen. Ich bin kämpferischer Natur und fahre meine Schiene.« Dass er die Verantwortung für rund 220 Beschäftigte tragen würde, schreckt ihn ebenfalls nicht ab: »Meine Menschenkenntnis ist ziemlich gut. Wer nichts wagt, der nichts gewinnt.«
Dass die Umsetzung von Vorhaben wie der Sanierung von Straßen stets von den Finanzen abhängt, sei ihm bewusst, so Nazarenus, der sich überzeugt zeigt, dass trotz der Corona-Krise genügend Geld zur Verfügung steht: »Wir müssen nicht sparen, sondern weiter oben anklopfen.« Auch könne der städtische Haushalt durchleuchtet werden, um unsinnige Ausgaben zu vermeiden. Beispielhaft nennt er die Sanierung des Hafens. Dafür sei kein Planungsbüro vonnöten. Stattdessen könnten die Anlieger selbst ein Konzept entwickeln. Ohnehin müsse »die Verwaltung mehr mit den Bürgern arbeiten«.
Als wichtigstes Projekt bezeichnet es der Werkzeugmechaniker, »den Stadtrat zusammenzuschweißen«. Ob ihm das gelingt, wenn er wie auf seiner »Facebook«-Seite mit populistischen Forderungen auf sich aufmerksam macht? »Heiße Diskussionen sind wichtig«, findet Nazarenus. Das vom Landkreis Leer gegen Hass und Hetze ins Leben gerufene »Bündnis für Respekt« hält er hingegen für überflüssig, stattdessen setzt er auf die harte Hand. So sagt er bezüglich des respektlosen Umgangs mit Rettungskräften, dass ein Feuerwehrmann einen Gaffer auch »mal mit dem stärkeren Arm beiseite nehmen« dürfe. »Dafür brauchen wir kein Bündnis.«
Ein Bündnis mit selbsternannten »Querdenkern« ist ihm da schon näher. So nahm er vor einem Jahr an der Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen in Berlin teil, bei der Teilnehmende unter anderem Absperrungen der Polizei durchbrachen, auf die Treppen zum Eingang des Reichstags stürmten und viele von ihnen Reichsflaggen schwenkten. Eine solche Darstellung sei verfälschend, meint Nazarenus und spricht von einer Manipulation durch Medien wie dem ZDF. »Es waren alle Einstellungen vertreten, außer die systemkonformen.« Er teile zwar nicht die Meinung der Rechtsextremen, aber es seien für ihn »genauso Menschen wie die Grünen«.
Dabei steht er ideologisch der Rechtsaußen-Partei AfD nahe, deren Beiträge er auf »Facebook« weiterverbreitet. Dabei gehe es in seinen Augen um »die Wahrheit, auch wenn es manchmal radikal ist«, so Nazarenus. Im Übrigen sei die Parteispitze aus seiner Sicht »überhaupt nicht extremistisch«. Allerdings sehe er es kritisch, dass in der AfD »gerade diese Blödmänner, die dieses extremistische Denken haben, soviel Zulauf kriegen«.